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An und für sich könnte er das ja... so grundsätzlich

Möttchen berichtet

Ich gehe mal davon aus, dass die meisten von euch folgende Situation kennen: Ihr habt mit dem Fellfreund ein Signal eifrig geübt und der Hund führt das Verhalten nach Signalgabe auch aus. Immer öfter - aber eben: nicht immer! Und oft führt er es natürlich gerade dann nicht aus, wenn es seinem Menschen besonders wichtig wäre. Da bleibt dann nur die leicht peinliche Bemerkung: "Eigentlich kann er das..."

 

Ich habe mir aus hundlicher Sicht ein paar Gedanken darüber gemacht, welche Gründe verantwortlich sein können, wenn wir Hunde in bestimmten Situationen ein Signal (oder einen Befehl, ein Kommando) nicht ausführen oder nicht ausführen können.

Leider wird uns Hunden immer noch und immer wieder unterstellt, dass wir das extra machen, weil wir unsere Bezugspersonen ärgern wollen... oder weil wir sie austesten... Oder wir bekommen zu hören: "Der hat einfach wieder mal keinen Bock!"... "Der ist nur trotzig!"... "Er ist ein absoluter Sturkopf!..." "Das ist halt die Rasse..."

Meine Meinung? Das sind doch alles ziemlich vermenschlichte Interpretationen und Zuschreibungen!

Die Ursachen, weshalb wir ein Verhalten nicht ausführen, sind vielfältig. Sie haben aber mit Garantie nichts mit Trotz oder mit einer Null-Bock-Stimmung von uns Hunden zu tun!

 

Was geht denn da ab? (Foto E. Hufschmid)
Was geht denn da ab? (Foto E. Hufschmid)

Es kann zum Beispiel sein, dass ich in dem Moment, in dem Esther mir ein Signal gibt, grad abgelenkt bin. Die Umwelt ist für einen neugierigen Hund nämlich total spannend und es gibt immer etwas Interessantes zu beobachten. Das kann auch mal zur Folge haben, dass ein Signal von Esther nicht bei mir ankommt, ich es nicht wahrnehme und es deshalb auch nicht ausführen kann.

 

Möglich ist aber auch, dass ich eine Gefahr, eine Bedrohung oder sonst etwas Gruseliges gesehen habe und das im Auge behalten muss - ein weiterer Grund, weshalb ich ein Signal im Moment grad nicht ausführen kann. 

 

Und letzlich sind da natürlich noch körperliche Befindlichkeiten, die ebenfalls dazu führen, dass ein Kumpel ein Signal - zum Beispiel «sitzen» - nicht ausführt. Evtl. ist er grad zu angespannt und sein Muskeltonus ist zu hoch, um die Hinterbeine überhaupt anwinkeln zu können! Oder aber er hat Schmerzen, die ihm das sich Hinsetzen erschweren.

Aber selbstverständlich seid auch ihr, unsere Bezugspersonen, in der Verantwortung, wenn wir ein Signal nicht ausführen. 

 

Wenn...

...das Signal nur unzureichend gelernt wurde!

Weder mir noch einem meiner Hundefreunde ist das Wissen angeboren, was ein Signal – zB. sitzen, zurückkommen, warten, ausgeben etc. – konkret bedeutet und was von uns verlangt wird. Wenn du, lieber Hundemensch, deinem Fellfreund zu wenig Gelegenheit gegeben hast, ein Verhalten zu lernen, dann darfst du ihn doch für das Nichbefolgen eines Signals auch nicht bestrafen! Eigentlich sonnenklar – oder?

 

...das Signal nicht generalisiert wurde!

Nehmen wir als Beispiel das Warten auf der Decke: Wenn Esther dieses Verhalten mit mir ausschliesslich in unserem Wohnzimmer aufgebaut hat und dann von 0 auf 100 von mir erwartet, dass ich das entspannte und längere Liegen und Warten auch in der Seminarsituation, im Restaurant oder draussen im Trainingsgelände zeigen kann, dann verlangt sie schlicht und einfach einen zu grossen Lernschritt von mir. Das geht in der Regel nicht. Wir Hunde lernen auch Kontextbezogen. Heisst, die Umgebung ist immer Teil des Lernprozesses. Und wird die verändert, dann muss ich auch die Gelegenheit erhalten, das erwünschte Verhalten mit der neuen Situation zu verknüpfen, bzw. lernen zu können. 

Hä? Was muss ich? (Foto E. Hufschmid)
Hä? Was muss ich? (Foto E. Hufschmid)

...die Signalgebung unklar ist!

Sehr häufig hat der sogenannte Ungehorsam von uns Hunden, bzw. das Nichtbefolgen von Signalen mit einer unklaren Signalgebung von euch Menschen zu tun. Wenn ihr für dasselbe Verhalten unterschiedliche Wort- und Handsignale verwendet, haben wir ein Chrüsimüsi (= Durcheinander) im Kopf. Hierher! Komm! Mach mal! Wird's endlich? - Das alles soll mir mitteilen, dass ich zurück zu meinem Menschen laufen soll. Also bitte, lieber Hundemensch, da möchte ich dir doch sagen: reiss dich bizzi zusammen und entscheide dich für ein (!) deutliches Signal pro Verhalten. Das würde uns Hunden das Gehorchen nämlich enorm erleichtern.

...das Signal/Kommando zweideutig (oder mehrdeutig) ist!

Erinnert ihr euch an meinen Blogartikel "Ohren auf Durchzug"? Da beschreibe ich ein Phänomen, welches häufig im Zusammenhang mit dem Rückruf zu beobachten ist. Nämlich die Zweideutigkeit von Signalen. Die Bezugsperson ruft «zu mir!». Körpersprachlich beugt sie sich aber dabei nach vorne und rudert vielleicht noch mit den Händen und Armen in der Luft herum. Für uns Hunde heisst das: bleib besser weg! Mein Mensch benimmt sich sehr komisch und ist im Moment grad bizzi unberechenbar. 

Foto Pixabay
Foto Pixabay

...das Kommando eine aversive Verknüpfungsgeschichte hat!

Ist ein Wort, ein Begriff ungut, mit schlechten Gefühlen verknüpft, dann löst es eine Vermeidungsreaktion bei uns Hunden aus. Eine emotional schlechte Verknüpfung besteht bei allen Kommandos, die über Druck, Bedrohung, über Strafe aufgebaut wurden.

Beispiel: der Hund wird mit der Hand nach unten gedrückt, um ihn ins Platz zu bringen. Solche Kommandos oder Befehle bewirken natürlich bei uns Hunden ein ungutes Gefühl. Viele Kumpels zeigen dann Meideverhalten und machen die Distanz zum Menschen - wenn immer möglich - grösser, sobald sie so ein Kommando hören.

(Zum Thema Signal oder Kommando hat Esther sich im Blogartikel Wortklaubereien? geäussert.)

 

Und nun - Spieglein, Spieglein an der Wand...

Lieber Hundemensch, führt dein Hundefreund ein Verhalten auf Signal nicht zuverlässig aus, dann lohnt sich immer der Blick in den Spiegel um zu überprüfen, was du als Bezugsperson anders machen, neu planen, kleinschrittiger trainieren kannst, damit dein Fellfreund zukünftig das Signal mit hoher Zuverlässigkeit ausführen kann. 😉👍🏻

 

Herzliche Pfotengrüsse

eure Nayeli

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Kommentare: 3
  • #1

    Ines Lehmann (Montag, 19 April 2021 09:54)

    Wie wunderbar klar geschrieben, vielen Dank, liebe „Nayeli“ ;-)
    Mein Frauchen „schiebt“ zur Zeit vieles auf die Pubertät. Ja, da hat Sie schon es bizzeli recht, aber ALLES kann man nicht auf die Hormönli schieben. Und Du hast mir da mit Deinem Artikel aus der Seele geschrieben, dass es eben noch ganz viele andere wichtige Punkte gibt, weshalb ich nicht immer alles genau so machen kann, wie wir es geübt haben.
    Mein Frauchen nimmt sich das zu Herzen, ich habe Ihre Reaktion gesehen, als sie den Artikel gelesen hat....sie fühlte sich ein bisschen ertappt ;-).

    Pfotengruss zurück
    Villy

  • #2

    Ines Lehmann (Montag, 19 April 2021 09:56)

    ...uups, und jetzt hat sie auch noch zweimal auf den Knopf gedrückt, scheint Ihr ein wahres Anliegen zu sein ;-)

  • #3

    Esther (Montag, 19 April 2021 10:16)

    Liebe Ines und lieber Yilly
    Euer Kommentar hat mir grad ein Lächeln ins Gesicht gezaubert - danke! ❤️
    Und ja - die Hormone können das Verhalten in der Youngsterphase schon mal so richtig doll dirigieren. Und das nicht nur bei Hunden... ;-)
    Habt einen schönen Tag, ihr 2!
    Herzlich Esther & Nayeli