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Knurren erlaubt!

Möttchen berichtet:

Bleib weg! Komm nicht näher! (Foto Pixabay)
Bleib weg! Komm nicht näher! (Foto Pixabay)

Ich lebe ja nun bereits über anderthalb Jahre hier in der Schweiz in meinem neuen Leben. Ich habe tolle Fortschritte gemacht und lerne natürlich immer noch und immer wieder Neues dazu.

Aber ich lerne auch um! Umlernen ist nämlich genauso wichtig wie neu lernen!

So habe ich zum Beispiel in meinem alten Leben gelernt, dass ich fremden Menschen und speziell fremden Männern gegenüber sehr, sehr vorsichtig sein muss, mich besser nicht berühren lasse und guten Abstand zu ihnen halte. Weil - sicher ist sicher!

 

Um mein Distanzbedürfnis richtig deutlich zu machen, hat mir Knurren jeweils gut geholfen. Die meisten Menschen haben nämlich auf mein Gebrummel hin ihre Hände zügig wieder zu sich zurück genommen. Ich habe also gelernt - wie viele Kumpels von mir auch - dass mir Knurren Erfolg bringt.

Nayeli bei der Übernahme 2015: Sie war verängstigt, wollte die Distanz zu mir maximal gross halten und hätte sich wohl am liebsten irgendwo verkrochen.
Nayeli bei der Übernahme 2015: Sie war verängstigt, wollte die Distanz zu mir maximal gross halten und hätte sich wohl am liebsten irgendwo verkrochen.

Selbstverständlich knurre ich aber nicht einfach so drauflos. Ich bemühe mich jeweils schon zuerst deutlich zu machen, dass ich jetzt grad bizzi mehr Distanz brauche und nicht berührt werden will. Mein Bedürfnis nach Distanz zeige ich, indem ich mich zum Beispiel abwende, die Rute einziehe, mich abducke oder mich bis ans Leinenende zurück zu ziehe. Erst wenn diese Kommunikationssignale nicht zum Erfolg führen - das heisst, ich die für mich nötige Distanz zum angsteinflössenden Menschen nicht herstellen kann - knurre ich.

Beim Kontakt mit fremden Menschen hat mich Esther von Beginn weg für alle erwünschten Verhalten markiert und belohnt. Also für das ruhige Hingucken zum Fremden oder für das Wegdrehen und Distanz machen habe ich ein immer ein Click und Lobworte oder ein Bröckchen Futter, welches sie weg vom Auslöser geworfen hat, erhalten.

Manchmal ist es aber trotz aller Vorsicht passiert, dass der fremde Mensch schon zu nah bei mir war oder mich "zwangs-streicheln" wollte.  In solchen Situationen musste ich eben deutlicher werden - ich habe geknurrt!

Und wisst ihr was? Esther hat mich in meinem Geknurre nett und freundlich angesprochen, mich unterstützt, mich gelobt und mir von der fremden Person weggeholfen.

Sie wurde dann ab und an ein bisschen irritiert angeschaut und gefragt, wieso sie mir das Knurren durchgehen lässt und wieso ich dafür sogar noch gelobt werde!?!

Eigentlich wäre doch jetzt eine Strafe oder eine "Korrektur" angesagt. Knurren sei doch absolut respektlos!

Foto pixabay
Foto pixabay

ABER:

Knurren ist weder frech noch ungehörig noch respektlos. Es ist auch kein "Dominanz-Gebaren" von uns Hunden. Knurren ist schlicht und einfach Kommunikation!

Das Knurren eines Hundes zu bestrafen wäre so ziemlich das Dümmste, das der Mensch machen kann. Denn der Hund lernt dabei einzig: ok, meine Kommunikation durch Knurren ist zu wenig eindeutig oder nicht erwünscht - ich muss deutlicher werden! Deutlicher werden in Hundesprache bedeutet: abschnappen oder zupacken oder beissen! Genau aus diesem Grund wäre es ziemlich, ziemlich dumm, wenn die Menschen uns Hunden das Knurren verbieten oder uns dafür bestrafen würden!  Knurren macht nämlich Sinn, weil wir euch damit ganz deutlich sagen: Ich will das jetzt nicht! Bitte lass das!

 

Selbstverständlich ist aber Knurren nicht immer gleich Knurren. In jeder Situation muss genau hingeschaut werden, wieso ein Hundefreund knurrt und was er genau mitteilen will.

-> Ist er grad in einem ausgelassenen Spiel mit dir und zergelt mit dir laut
    knurrend an seinem Seil? Keine Sorge, du hörst ein Spielknurren von deinem
    Fellfreund. Freu dich mit ihm zusammen an eurem Spiel!

-> Möchte er sein Spielzeug oder den Pansenstengel für sich behalten, nicht
     hergeben und knurrt dich an? Übe doch mit ihm das freundliche Tauschen
     oder Aus-geben.

-> Tut ihm eventuell etwas weh? Hat er Schmerzen und knurrt aus diesem Grund?
     Ein Besuch beim Tierarzt ist angezeigt!

-> Ist er müde vom ausgedehnten Spaziergang und hat keine Lust, jetzt noch  mit
    den Kindern zu spielen? Macht er das durch Knurren deutlich? Dann lasst ihn
    am besten in Ruhe und sich erholen.

 

Kein Hund knurrt „aus heiterem Himmel“ oder einfach so aus Jux und Dollerei. Wenn ihr nicht sicher seid, aus welchem Grund euer Hundefreund knurrt (und glaubt mir, er hat einen Grund!), fragt doch bitte eine Fachperson um Rat.

Foto: E. Hufschmid
Foto: E. Hufschmid

Ich muss inzwischen nur noch selten fremde Menschen anknurren. Ich habe gelernt, dass viele Menschen/Männer eigentlich ganz ok oder sogar richtig nett sind. Oft gehe ich heute interessiert und neugierig zu ihnen hin, schnuppere sie ab und lasse mich sehr gerne auch streicheln und knuddeln.

Will ich keine Nähe, wird das in der Regel gut respektiert - und wenn nicht, hilft Esther mir. :-)

 

Friedliches Wuff von

eurer Nayeli

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Kommentare: 1
  • #1

    Doris Lötscher (Samstag, 10 Juni 2017 09:39)

    Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel. Ich wünsche mir, dass viele viele Hunde in ihrem Verhalten verstanden werden und wie beschrieben Hilfestellungen bekommen, entspannter mit uns zusammen zu leben. Und in erster Linie auch für sich mehr Lebensfreude entwickeln können.