Möttchen berichtet
Jetzt fragt sich wohl der Eine oder die Andere, was denn Mathematik mit Hundetraining zu tun haben könnte?
Nun, es geht nicht wirklich um die hohe Mathematik. Das ist ehrlich gewufft bizzi geschummelt... ;-) Wir ziehen jetzt - zum Glück - keine Wurzeln oder ermitteln den kleinsten gemeinsamen Nenner oder den grössten gemeinsamen Teiler und auch Primzahlen bestimmen wir nicht... nein, nein, es geht in unserem Fall um das Gefühle-Rechnen! Aber am besten erkläre ich euch an Hand von Beispielen, was darunter zu verstehen ist:
BEISPIEL 1
Wir sind an einem Wintertag unterwegs auf einem Feldweg.
Plötzlich schreckt mich auf der Wiese ein ganz gruseliges, weisses Irgendwas auf. Esther erklärt mir zwar, dass das ein Schneemann ist – aber wer kann mir denn garantieren, dass dieses Teil wirklich nicht beisst und tatsächlich ungefährlich ist?!? Also lautet meine Strategie: Vorsicht walten lassen und bei Esther Schutz suchen. Wir sind dann gemeinsam zu diesem gruseligen Schneehaufen hin gependelt - heisst, wir haben uns bogenförmig und kurvig angenähert - bis ich mich selbst überzeugen konnte: der beisst tatsächlich nicht! Alles paletti! Und ihn kurz anbiseln konnte ich auch noch ungestraft! :-)
Die Gefühle-Rechnung:
plus
Total
1 x Schrecken für Nayeli
1 x Sicherheit bekommen bei Esther
Schwächung der unangenehmen Emotion
= unangenehme Emotion
= angenehme Reaktion
BEISPIEL 2
Unterwegs auf Spazottel. Auf uns zu kam ein Wauzi der deutlich signalisierte, dass er gerne mit mir Kontakt aufnehmen möchte. Aber irgendwie hatte seine Bezugsperson grad keine Zeit oder wollte nicht - aus welchem Grund auch immer - dass ihr Hund ein Date mit mir hat. Leider wurde der Kumpel ziemlich unsanft an der Leine zurück und dann zur Seite gezogen und anschliessend durch seine Bezugsperson körperlich geblockt. Sein freudiges Ausdrucksverhalten hat sich darauf hin in nullkommanix verändert: geduckte Körperhaltung, eingezogene Rute und sich Weg-drehen.
Die Gefühle-Rechnung:
plus
Total
1 x Freude beim Wauzi
1 x Wegziehen an der Leine und blockieren
Schwächung der angenehmen Emotion des Wauzis
= angenehme Emotion
= unangenehme Reaktion
Und das Doofe dabei: Die unangenehme Reaktion der Bezugsperson kann vom Wauzi mit dem Anblick des Artgenossen verknüpft werden und dazu führen, dass nach ein paar Wiederholungen bereits das Auftauchen eines Hundes ausreicht, um beim Kumpel schlechte Gefühle auszulösen. Hausgemachte Leinenpöbelei kann so entstehen!
BEISPIEL 3
Ein Fellfreund hat Angst vor Kindern. Wenn immer möglich, weicht er ihnen aus und macht einen grossen Bogen. Heute aber ist er im Quartier unterwegs und wird an der kurzen Leine geführt. Da kommt ihm auf dem Trottoir eine Gruppe lachender und rennender Kinder entgegen. Der Fellfreund beginnt nun heftig zu bellen und zu knurren. Er versucht das, was ihn ängstigt - die Kinder - in Distanz zu halten, da er aktuell ja nicht selbst ausweichen kann.
Sein Mensch ärgert sich über ihn, ruckt ihn kräftig an der Leine zurück und schimpft ihn aus.
Die Gefühle-Rechung:
plus
Total
1 x Angst bei Sichtung von Kindern
1 x Leinenruck und Schimpfen vom Menschen
Stärkung der unangenehmen Emotion -> in diesem Beispiel Stärkung der Angst.
= unangenehme Emotion
= unangenehme Reaktion
Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird dieser Fellfreund zukünftig immer früher und immer heftiger reagieren, wenn er Kinder sieht. Er hat nämlich gelernt, dass - aus seiner Sicht - nicht nur Kinder gefährlich sind, sondern dass auch noch seine Bezugsperson unberechenbar wird, sobald Kinder auftauchen. Also muss der Hund bereits so früh wie möglich versuchen, den Auslöser (die Kinder) zu vertreiben; seine Bezugsperson wird immer stärker und heftiger auf ihn einwirken - ein Teufelskreis...
BEISPIEL 4
Der Hund - in diesem Fall ich :-) - ist gut aufgelegt, er ist in Spiellaune und bringt seinem Menschen - in diesem Fall Esther :-) - ein Zergel. Der Mensch nimmt es in die Hand und beginnt ein Zerrspiel mit ihm.
Die Gefühle-Rechung
plus
Total
1 x Spiellaune beim Hund
1 x Zerrspiel mit dem Menschen
Stärkung der angenehmen Emotion
= angenehme Emotion
= angenehme Reaktion
Diese angenehme Emotion wird auch auf die Umgebung, die anwesenden Menschen, Hunde, Tiere, Geräusche etc. übertragen, bzw. diese können ebenfalls positiv im Hundehirn verknüpft werden.
Was bedeutet das nun für das Training mit uns Hunden? Ihr Menschen könnt durch eure Reaktionen unsere Gefühle und damit unser Lernen stark beeinflussen.
Supergut ist alles, was unsere guten Emotionen durch gute Reaktionen verstärkt. Supergut ist auch alles, was unsere unangenehmen Emotionen abschwächt durch gute Reaktionen von euch.
Schwierig wird es, wenn ungute Emotionen von uns wie zB. Angst oder Ärger durch unangenehme Reaktionen von euch intensiviert werden.
Und jetzt? Jetzt müsst ihr nur noch herausfinden, was für euren Hundefreund gut ist, was ihm gut tut, ihm Sicherheit gibt, ihn entspannt und ihm Spass macht. Das alles könnt ihr dann als angenehme Reaktion auf Verhalten bei ihm einsetzen.
Ein supergut-emotionales WuffWuff
eure Nayeli
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